Anpassungsoptionen

Sturmschaden

So vielfältig, wie sich die Betroffenheit des Bevölkerungsschutzes durch den Klimawandel äußert, so vielfältig sind auch die Möglichkeiten, sich an die veränderten Bedingungen anzupassen.

Anpassung an den Klimawandel im Bevölkerungsschutz – eine Querschnittsaufgabe 

Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zielen darauf ab, Gesellschaften auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten und die geeigneten Mittel zum Umgang mit diesen Folgen bereitzustellen. Die für den Bevölkerungsschutz identifizierten Anpassungsoptionen haben dabei eines gemeinsam: Sie entfalten ihre positive Wirkung auch dann, wenn die klimatischen Veränderungen nicht in dem derzeit angenommenen Ausmaß auftreten oder ihre Auswirkungen weniger schwerwiegend sind.

Dabei wirken, wie auch bei den Klimafolgen, getroffene Maßnahmen in einem Bereich auf die anderen Bereiche zurück. Eine gesteigerte Selbstschutzfähigkeit der Bevölkerung sorgt z. B. dafür, dass bei einem Unwetterereignis weniger Schäden und dadurch bedingte Notrufe auftreten. Umgekehrt können Bevölkerung und Einrichtungen Kritischer Infrastruktur im Bedarfsfall effektivere und womöglich auch schnellere Hilfe erhalten, wenn die Organisationen im Bevölkerungsschutz noch besser auf diese Ereignisse vorbereitet sind.

Schematische-Darstellung-Anpassungoptionen
Schematische Darstellung der Anpassungsoptionen des Klimawandels auf Bereiche im Bevölkerungsschutz.

Die Bevölkerung stärken

Auch bei klimatisch bedingten Ereignissen wie Extremwetter gilt: Bis zu ei­nem bestimmten Grad ist jede Bürgerin und jeder Bürger für die eigene Sicherheit selbst verantwortlich. Gebäudebesitzer tragen zudem die Verantwortung für den Schutz ihres Eigentums. Dem Gesetz zufolge ergänzen behördliche Maßnahmen lediglich die Selbsthilfe der Bevölkerung. 

Die Sensibilisierung der Bevölkerung hinsichtlich bestehender Gefahren durch extreme Wetterereignisse und ihrer Eigenverantwortung sowie die Befähigung zur Selbsthilfe bilden demnach integrale Bestandteile der Anpassungserfordernisse im Bevölkerungsschutz. Hierbei können auch Einrichtungen der Gefahrenabwehr einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie den Bürgerinnen und Bürgern mittels ihrer Erfahrung beratend zur Seite stehen. Konkrete Ansatzpunkte für eine gelingende Risikokommunikation können z. B. sein:

  • Risikobewusstsein durch Betrachtung konkreter Szenarien erhöhen: „Der Klimawandel“ erscheint den meisten Menschen gemeinhin als eine sehr abstrakte Gefahr. Auch wenn extreme Wetterereignisse der vergangenen Monate und Jahre zunehmend einen Eindruck davon vermitteln, wie sich der Klimawandel bemerkbar macht, bleibt oft schwer vorstellbar, dass dies tatsächlich jede und jeden zu nahezu jeder Zeit betreffen kann. Konkrete Szenarien („Was wäre wenn…“) können dabei helfen, ein greifbares Bild zu erzeugen.
  • individuelle Betroffenheit und individuelle Fähigkeiten bei der Risikokommunikation berücksichtigen: Nicht jede Bürgerin und jeder Bürger ist in gleicher Weise von einem Ereignis betroffen. Das liegt zum einen an einer unterschiedlichen Exposition – Flusshochwasser etwa betrifft naturgemäß vor allem die Flussanrainer. Zum anderen besteht eine unterschiedliche Verwundbarkeit gegenüber bestimmten Ereignissen. So leiden z. B. Seniorinnen und Senioren und Menschen mit Vorerkrankungen oft besonders stark unter einer Hitzewelle. Im Rahmen der Risikokommunikation müssen entsprechend der Zielgruppen angepasste Empfehlungen zur Vorbereitung und Selbst­hilfe gegeben werden. Die Empfehlungen sollten dabei sowohl Aspekte der „physischen“ Vorsorge (z. B. bauliche Schutzmaßnahmen, Notbevorratung) als auch der Verhaltensvorsorge (d. h. zum korrekten Verhalten im Ereignisfall) enthalten.
  • geeignete Formen der Risikokommunikation nutzen: Neben der Aufbereitung der Informationen selbst spielt auch die Wahl des Kommunikationsmediums eine wichtige Rolle. Um möglichst alle Bevölkerungsgruppen zu erreichen, sollten die relevanten Informationen auf unterschiedlichsten Wegen – vom Papierformat über Informationsveranstaltungen bis hin zu digitalen und sozialen Medien – verbreitet werden. Ein „Dialog auf Augenhöhe“ und partizipative Formate stellen sich dabei immer wieder als besonders effektive Formen der Risikokommunikation heraus.
  • Selbstschutzfähigkeiten im Rahmen der Krisenkommunikation reaktivieren: Im Fall eines eintretenden Ereignisses kann die Bevölkerung mit einfachen Handlungsanweisungen zur Selbsthilfe angeleitet werden. Dies trägt dazu bei, das Notrufaufkommen zu senken und entlastet somit die Einrichtungen.

Zu den Anpassungsmaßnahmen im Hinblick auf die Bevölkerung zählt ohne Zweifel auch die weitere Beförderung des Ehrenamtes. Mit Blick auf die Zunahme von Gefahrenlagen durch extreme Wetterereignisse werden freiwillige Helferinnen und Helfer, die sich nicht nur anlassbezogen, sondern langfristig in einer der Einsatzorganisationen engagieren, umso mehr gebraucht. Diese Notwendigkeit wird durch weitere Entwicklungen wie die Alterung unserer Gesellschaft und die Abwanderung vieler Menschen aus dem ländlichen Raum verstärkt.

Mitmachen im Ehrenamt

Mitmachen im Ehrenamt

Kritische Infrastrukturen stärken

Die Flutkatastrophe, die sich im Juli 2021 in Teilen West-, Ost- und Süddeutschlands ereignete, hat die Bedeutung Kritischer Infrastrukturen mehr denn je vor Augen geführt. Infolge des Unwetters brachen wichtige Versorgungsleistungen in zahlreichen Gemeinden über Tage oder Wochen unvermittelt weg: die Versorgung mit Strom, Gas, Trinkwasser, Telekommunikation, Kraftstoff, Bargeld; die Entsorgung von Abwasser und Unrat; die Nutzbarkeit von Verkehrswegen, Arztpraxen und Verwaltungseinrichtungen.


Ebenso wie die Bevölkerung selbst haben auch Betreiber von Anlagen und Einrichtungen Kritischer Infrastrukturen die Aufgabe, Vorsorge gegenüber möglichen Schädigungen oder Ausfällen zu betreiben. Die Ableitung von Schutzmaßnahmen gegenüber wetterbedingten Gefahren folgt dabei grundsätzlich denselben Phasen, wie sie auch bei allen anderen Gefahrenarten im Zuge des Risiko- und Krisenmanagements Kritischer Infrastrukturen angewendet werden: 

  • Vorplanung in der Einrichtung: Sofern noch nicht geschehen, muss zunächst ein Risiko- und Krisenmanagement in der Einrichtung etabliert werden. Im Rahmen dessen sollten bereits sogenannte Schutzziele festgelegt werden, die beschreiben, welche Ziele durch das Risiko- und Krisenmanagement im Fall eines Gefahrenereignisses erreicht werden sollen – wie z. B. den bestmöglichen Schutz des Personals oder die ununterbrochene Funktionsfähigkeit der Einrichtung.
  • Risikoanalyse und -bewertung: Im folgenden Schritt sollte umfassend analysiert werden, wodurch die definierten Schutzziele potentiell gefährdet sind. Das beinhaltet sowohl die Frage, welche Gefahren mit welcher Wahrscheinlichkeit am Ort der Einrichtung auftreten können, als auch, welche Schädigungen und Ausfälle sie hervorrufen könnten und wie sich diese auf die Funktionsfähigkeit der Einrichtung auswirken. Die Abhängigkeiten von anderen Kritischen Infrastrukturen wie z. B. der Stromversorgung sollten dabei unbedingt berücksichtigt werden.
  • Vorbeugende Maßnahmen und Strategien: Ausgehend von der Risikoanalyse und -bewertung kann es sinnvoll sein, Maßnahmen zur Verminderung oder Vermeidung identifizierter Risiken zu ergreifen. Dazu zählen z. B. bauliche Schutzmaßnahmen oder die Vorhaltung von Ersatzsystemen zur Strom- und Trinkwasserversorgung.
  • Krisenmanagement: Wenn die Einrichtung von einem Ereignis betroffen ist, greifen die Prozesse des vorgeplanten Krisenmanagements, in das auch die Erkenntnisse aus dem Risikomanagement eingeflossen sind. Dann gilt es, die Funktionsfähigkeit der Einrichtung bestmöglich zu erhalten oder schnellstmöglich wieder herzustellen.
  • Evaluierung des Risiko- und Krisenmanagements: Eine Evaluierung des eigenen Risiko- und Krisenmanagements sollte regelmäßig durchgeführt werden, um mögliche Schwachstellen in den Managementprozessen zu erkennen und zu beheben.


Vor dem Hintergrund des Klimawandels gilt es, auch etablierte Prozesse im Risiko- und Krisenmanagement nochmals auf den Prüfstand zu stellen. Dazu zählt im Besonderen die Analyse der Abhängigkeiten von anderen Kritischen Infrastrukturen und, damit zusammenhängend, die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den Betreibern untereinander sowie mit staatlichen Akteuren. Deren reibungsloses Funktionieren ist eine der Grundvoraussetzungen, um Kaskadeneffekte bei Ausfällen zu verringern.


Weiterführende Informationen für Betreiber:

Organisationen im Bevölkerungsschutz stärken

Die Organisationen im Bevölkerungsschutz zählen aufgrund ihrer Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen selbst zu den Kritischen Infrastrukturen. Die Grundzüge des Risiko- und Krisenmanagements können und sollten daher auch auf ihre Einrichtungen angewendet werden, denn: Nur, wer selbst geschützt ist, kann auch andere schützen. Zu den Maßnahmen zur Anpassung der Einrichtungen an den Klimawandel zählen z. B.:

  • Problembewusstsein durch breitere, angepasste Informationsangebote schärfen: Der Bedarf nach Informationen zum Klimawandel im Allgemeinen und dessen Auswirkungen auf den Bevölkerungsschutz im Besonderen ist bei den Einrichtungen hoch. Daher gilt es, diese Themen noch stärker bei Akteuren auf allen Ebenen zu verankern – sei es in der Ausbildung, Übung oder in Form von Weiterbildungsangeboten und Broschüren. Die Angebote müssen dabei dem Berufsalltag und den Bedürfnissen der angesprochenen Akteure gerecht werden. 
  • Einsatzfähigkeit sicherstellen: Um bei einem Unwetter nicht selbst derart betroffen zu sein, dass z. B. das Ausrücken aus der Gerätehalle nicht mehr möglich ist, sollten die Liegenschaften selbst einer Gefährdungsanalyse unterzogen und ggf. Schutzmaßnahmen eingeleitet werden. Besonderes Augenmerk sollte auch hier auf die Abhängigkeit von Infrastrukturleistungen und die Funktionsfähigkeit von Ersatzsystemen – beispielsweise zur Kommunikation oder Notstromversorgung – gelegt werden.
  • Netzwerkbildung vorantreiben: Der Erfahrungsaustausch über die Vorbereitung auf und Bewältigung von extremen Wetterereignissen ist sowohl innerhalb als auch zwischen den Organisationen von großer Bedeutung, um voneinander lernen und effektiver Lösungen finden zu können. Netzwerke können darüber hinaus genutzt werden, um sich bei der Bewältigung gegenseitig mit Ressourcen – z. B. Personal und Geräten – zu unterstützen. Diese Planungen sollten verbindlich in abgestimmten Konzepten festgehalten werden. 
  • Effektive Risiko- und Krisenkommunikation sicherstellen: Die gelingende Kommunikation über zu erwartende Gefahren und Möglichkeiten der Vorsorge ist ebenso wie die Kommunikation im Krisenfall unter allen beteiligten Akteuren von immanenter Bedeutung. Die Kommunikationsmittel und -wege müssen präventiv kontinuierlich auf ihre Funktionsfähigkeit und eventuell noch vorzunehmende Verbesserungen geprüft werden, um im Krisenfall den Anforderungen Stand zu halten. Die Entwicklung und Anwendung von Kommunikationskonzepten kann dabei helfen, die notwendigen Strukturen besser zu etablieren.
  • Einsatzentwicklung durch Extremwetter beobachten: Die eigenen Einsatzdaten können oftmals Aufschluss darüber geben, wie viele Einsätze über die Jahre mit Extremwetterereignissen im Zusammenhang standen. Ein kontinuierliches Monitoring dieser Einsatzentwicklung kann sinnvoll sein, um eventuelle Veränderungen zu erkennen und darauf reagieren zu können. Dies setzt allerdings voraus, dass die Daten eine hinreichende Konsistenz und Detailtiefe bzgl. der Einsatzursache aufweisen. Näheres zum Einsatzmonitoring und den Datenanforderungen bietet der Abschlussbericht zum Projekt „KlamEx“ (s. u.).

Weiterführende Informationen:

Vorsorgen und richtig handeln in Gefahrensituationen

Weitere Informationen finden Sie hier: