Veranstaltung: Lernen aus den Krisenlagen
Ziele der Konferenz
Die Konferenz sollte den Meinungs- und Erfahrungsaustausch zum strategischen Krisenmanagement in Deutschland anhand ausgewählter Krisenlagen fördern. Außerdem sollten Verbesserungsmöglichkeiten für die künftige Krisenbewältigung herausgearbeitet werden.
Die wesentlichen Ergebnisse sind in einem Ergebnispapier zusammengefasst worden und sollen Anstoß für weitere Diskussionen und Maßnahmen sein.
Ergebnisse der Konferenz fließen in Nationale Sicherheitsstrategie
Carmen Hentschel moderierte die Konferenz und richtete den Blick auf notwendige Anpassungen an neue Realitäten, die sich insbesondere aus den Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der damit eingeleiteten "Zeitenwende" für die deutsche Sicherheitsarchitektur ergeben.
In Vorträgen, Interviews und Diskussionen schaute die Konferenz auf zunehmende Gefahren, wie Cyberangriffe auf die öffentliche Verwaltung. Die Covid-19-Pandemie hat nicht zuletzt belegt, wie stark sich wirtschaftliche Störungen unserer vernetzten Staaten und Gesellschaften und damit einhergehende Abhängigkeiten schwerwiegende Krisen verschärfen können.
Sprecherinnen und Sprecher der Konferenz
- Juliane Seifert, Staatssekretärin im Bundesministerium des Inneren und für Heimat
- Ralph Tiesler, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
- Dr. Christoph Hübner, Stellvertretender Leiter der Abteilung Krisenmanagement im Bundesministerium des Inneren und für Heimat
- Carsten Breuer, Generalleutnant und Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr
- Albrecht Broemme, Vorsitzender des Zukunftsforums Öffentliche Sicherheit e. V.
- Ekkehard Brose, Botschafter und Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS)
- Prof. Dr. Lars Gerhold, Leiter Forschungsforum Öffentliche Sicherheit, Technische Universität Braunschweig
- Clemens Körner, Landrat des Rhein-Pfalz-Kreises
Die im Rahmen der Konferenz gesammelten Ergebnisse werden als Impulse in die Nationale Sicherheitsstrategie einfließen.
Inhalte der Konferenz
In ihrer Eröffnungsrede verwies Staatssekretärin Juliane Seifert darauf, dass der Fokus in Krisen meist auf der akuten Krisenbewältigung und dem Umgang mit der Lage liegt. Ein Ziel muss jedoch sein, von Anfang an das Herauskommen aus der Krise und dem Krisenmodus mitzudenken und mit zu planen.
Krise ist auch immer eine Chance, denn sie bedeutet, dass die alltäglichen Strukturen und Prozesse nicht mehr ausreichend sind. Sie zeigt, was in Ausnahmesituationen nicht mehr funktional ist und sie initiiert ein Momentum, um Reformen und Veränderungen umzusetzen.
Staatssekretärin Juliane Seifert sagte:
Wir haben in den vergangenen Jahren auf ganz unterschiedliche Krisen reagieren müssen. Um die bestehenden Strukturen der Krisenbewältigung an diese neuen Krisenlagen anzupassen, verfolgen wir einen kooperativen Ansatz, der alle Akteure einbezieht. Mit unserem Programm ‚Neustart im Bevölkerungsschutz‘ haben wir die Maßnahmen definiert, mit denen wir unser Land besser gegen Krisen und Klimafolgen wappnen. Zentral sind: eine gute Vorbereitung, eine frühe Warnung, effizientes Handeln und eine gute Krisennachsorge. Dies kann nur gelingen, wenn alle staatlichen Ebenen bestmöglich zusammenwirken.
Juliane Seifert
Ausgehend von den Erkenntnissen der gegenwärtigen Krisenlagen betonte Ralph Tiesler, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) die Bedeutung der gemeinschaftlichen Krisenvorsorge:
Krisenmanagement muss bei allen, beim Bund, bei den Ländern, bei den Kommunen, nachhaltiger und umfassender aufgestellt werden. Denn nur gemeinsam können wir aus Krisen gestärkt hervorgehen.
Ralph Tiesler
Im weiteren Verlauf der Konferenz wurden die Themen
- Covid-19-Pandemie,
- Cyber-Angriffe, sowie
- Zivilschutz am Beispiel des Ukraine-Kriegs
durch Experten und Betroffene erörtert. In der anschließenden Podiumsdiskussion wurden davon abgeleitet Lehren für das strategische Krisenmanagement diskutiert.
Covid-19-Pandemie
Zum Thema der Covid-19 Pandemie sprach Generalleutnant und Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr Carsten Breuer, der von November 2021 bis Mai 2022 Leiter des Corona-Krisenstabs der Bundesregierung war. Außerdem sprach der Vorsitzende des Zukunftsforums Öffentliche Sicherheit e. V. und Leiter eines Coronazentrums und mehrerer Impfzentren in Berlin, Albrecht Broemme. Beide skizzierten ihre Erfahrungen und Lehren aus der Bewältigung der Coronakrise.
Generalleutnant Carsten Breuer sagte:
Wir sind immer nur so gut auf eine Krise vorbereitet, wie wir die letzte bewältigt haben oder wie wir die Lehren aus der letzten herausgezogen haben.
Carsten Breuer
Die unterschiedlichen Phasen der Coronakrise zeigten, dass
- schnelle und gemeinschafltiche Anpassungen der Lagebeobachtung und -bewertung,
- eine gemeinschafltiche Kommunikationsstrategie, sowie
- die strategische Krisenvorsorge und Vernetzung
notwendig sind. Beide Experten wiesen in diesem Zusammenhang auch auf das Ressourcenmanagement hin.
Albrecht Broemme verdeutlichte, dass "im Krisenmodus, auch die Ressorts zu verschieben" sind, um handlungsfähig zu bleiben.
Cyber-Angriffe
Der Landrat des Rhein-Pfalz-Kreises Clemens Körner berichtete von seiner persönlichen Erfahrung als Betroffener eines Hackerangriffs mit Ransomware auf die Kreisverwaltung.
Dieser Cyber-Angriff führte dazu, dass alle Server vom Netz getrennt wurden und die Handlungsfähigkeit der Kreisverwaltung in erheblichen Maße eingeschänkt war.
Für Clemens Körner stellen Cyber-Angriffe eine Gefährdung für die Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsfunktionen dar, indem Sie nicht nur die Handlungsfähigkeit einschränken, sondern auch das Vertrauen der Bevölkerung in die staatlichen Institutionen schmälern.
Zivilschutz am Beispiel des Ukraine-Kriegs
Zum Zivilschutz am Beispiel des Ukraine-Kriegs sprachen Ralph Tiesler, Präsident des BBK und Botschafter Ekkehard Brose, Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS).
Die gegenwärtige sicherheitspolitische Lage verdeutlicht, dass
- ein gesamtgesellschaftliches Umdenken stattfinden muss,
- die Resilienz der Gesellschaft erhöht werden muss,
- der Weg zu einer resilienteren Gesellschaft ressort- und länderübergreifend ist, und
- gemeinschaftliches Lernen im Krisenmanagement essentiell ist.
Podiumsdiskussion: Lehren für das strategische Krisenmanagement
In der Podiumsdiskussion zogen BBK-Präsident Ralph Tiesler, Generalleutnant Carsten Breuer, der stellvertretende Leiter der Abteilung Krisenmanagement im Bundesministerium des Inneren und für Heimat Dr. Christoph Hübner, Botschafter Ekkehard Brose, Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS), Prof. Dr. Lars Gerhold, Leiter Forschungsforum Öffentliche Sicherheit, Technische Universität Braunschweig und Vorsitzender des Zukunftsforums Öffentliche Sicherheit e. V. Albrecht Broemme ein Resumee zu der Veranstaltung sowie Lehren aus den Krisenlagen für das strategische Krisenmanagement.
Als wesentliche Instrumente für die Weiterentwicklung des stratgischen Krisenmanagements wurden:
- die strategische Vorausschau, als szenariobasiertes Vorausdenken,
- die Transformation der Kommunikationsstrategie,
- die verstärkte Integration der Zivilgesellschaft in das Krisenmanagement,
- die (aufgabenbezogene) ressort- und länderübergreifende Zusammenarbeit,
- eine schnellere Entscheidungsfindung,
- die Stärkung der Strukturen des Bevölkerungsschutzes,
- die Ausweitung von Krisenmangementübungen, wie der LÜKEX, sowie
- die Schaffung von Akzeptanz zwischen den Partnern im Bevölkerungsschutz und der Zivilgesellschaft
identifiziert.
Ergebnisse der Konferenz
BBK-Präsident Ralph Tiesler sagte am Ende der Veranstaltung:
Die Konferenz hat für uns wichtige Erkenntnisse aus den Krisen der letzten Jahre für die innere Sicherheit, das strategische Krisenmanagement und den Bevölkerungsschutz in Deutschland hervorgebracht Wir müssen besonderes Augenmerk auch darauf legen, die Krisenfestigkeit unserer Strukturen und Mechanismen zu beüben. Die LÜKEX 23 ist hierfür eine ideale Möglichkeit.
Ralph Tiesler
Die Konferenz und das begleitende Papier bilden einen wichtigen Schritt zur Erreichung eines Teils der Deutschen Strategie zur Stärkung der Resilienz gegenüber Katastrophen (Resilienzstrategie). Diese schafft zum ersten Mal einen gemeinsamen strategischen Rahmen für die Steigerung von Resilienz gegenüber Katastrophen. Darin wird unter anderem das Handlungsfeld "Die Vorbereitung auf den Katastrophenfall verbessern und einen besseren Wiederaufbau ermöglichen" identifiziert.
Die Konferenz und das zugehörige Ergebnispapier sind auch Ausdruck eines Momentums, welches durch die Krisen entfacht wurde und nun politisch genutzt werden sollte. Das Bewusstsein für Risiken und Gefahren war in der Gesellschaft lange nicht mehr so präsent wie heute.