Naturgefahren
Wetter- und geobedingte Ereignisse als Gefahren für Kritische Infrastrukturen
Das Spektrum möglicher Naturgefahren ist vielfältig: Es reicht von regelmäßig eintretenden Ereignissen bis hin zu äußerst seltenen, aber dennoch nicht gänzlich unwahrscheinlichen Gefahrenarten.
Gefahrenarten
- Extremwetterereignisse (beispielsweise Stürme, Starkniederschläge, Sturzfluten, Hochwasser, Hitzewellen, Dürren, Temperaturstürze)
- Wald- und Heidebrände
- Seismische Ereignisse und gravitative Massenbewegungen (beispielsweise durch Erdbeben, Felsstürze, Hangrutschungen, Murengänge)
- Vulkanausbrüche
- Epidemien und Pandemien bei Mensch, Tier und Pflanzen (beispielsweise durch Cholera, Ebola, COVID-19)
- Kosmische Ereignisse (beispielsweise Meteorite, Kometen, Sonnenstürme)
- Meeresspiegelanstieg (beispielsweise durch Sturmfluten, Küstenüberschwemmungen durch Deichbrüche)
Es ist damit zu rechnen, dass einige dieser Ereignisse – Extremwetter, Vegetationsbrände und gravitative Massenbewegungen – durch den Klimawandel in Zukunft häufiger auftreten oder sich ihre Folgen verstärken.
Betroffenheit Kritischer Infrastrukturen
Eine Betroffenheit Kritischer Infrastrukturen durch kosmische Ereignisse hat in Deutschland bisher vergleichsweise selten eine Rolle gespielt – die Meldungen über Schäden und Ausfälle durch extreme Wetterereignisse sind hingegen zahlreich.
Einige Beispiele aus verschiedenen Sektoren:
- Energie: Stürme, Starkregen und Frostperioden haben in der Vergangenheit durch Beschädigungen an Netzanlagen bereits zu Stromausfällen geführt. Diese können sich wiederum auf andere Sektoren auswirken.
- Energie: Während Hitze- und Dürreperioden kommt es regelmäßig zu niedrigen Pegelständen an Gewässern. Zeitgleich steigt die Wassertemperatur an. In der Folge kann es an Kühlwasser mangeln, sodass Kohle- und Kernkraftwerke ihre Leistung drosseln müssen.
- Transport und Verkehr: Extreme Wasserstände machen auch der Binnenschifffahrt zu schaffen. Der Transport wichtiger Güter wird mitunter eingeschränkt, unter Umständen kommt es zu Lieferengpässen. Infolge des Niedrigwassers am Rhein 2018 verteuerten sich dadurch etwa die Preise für Treibstoff und Heizöl.
- Wasser: Nicht nur ein „Zuwenig“, sondern auch ein „Zuviel“ an Wasser kann sich problematisch auf die Wasserversorgung auswirken. Nach Starkregen, der teils in Sturzfluten mündet, kann einlaufendes Regenwasser das Trinkwasser verunreinigen. Auch die Abwassersysteme werden durch die Wassermassen mitunter außer Kraft gesetzt.
- Informationstechnik und Telekommunikation: Störungen und Ausfälle entstehen in diesem Sektor meist infolge eines Ausfalles in einem anderen Sektor. Beispielsweise können durch Unwetter ausgelöste Stromausfälle die Informationstechnik behindern. Die Telekommunikation bricht zeitweise häufig infolge einer Netzüberlastung zusammen.
- Staat und Verwaltung: Nicht zuletzt sind die Hilfeleistenden oft auch selbst von den Folgen extremer Wetterereignisse betroffen. Wenn Zufahrtswege blockiert, Liegenschaften überflutet oder Einsatzkräfte – zum Beispiel von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk (kurz: THW) oder Rettungsdienst – privat betroffen sind, können sie erst verzögert oder mit verringerter Personalstärke anrücken.
Die Betroffenheit unterscheidet sich dabei zum Teil je nach Gefahrenart von Region zu Region. In einem ersten Schritt sollten KRITIS-Betreiber daher prüfen, inwieweit ihre Einrichtung welchen Naturgefahren ausgesetzt sein kann.
Verwundbarkeit gegenüber Naturgefahren
Die Verwundbarkeit Kritischer Infrastrukturen durch Naturgefahren wird im Wesentlichen durch ihre Exposition, Anfälligkeit und Bewältigungskapazität bestimmt.
Für die Ermittlung der Exposition spielen die räumlichen Gegebenheiten vor Ort eine entscheidende Rolle. Die Lage einer Kritischen Infrastruktur am Hang, in Senken oder nahe Gewässern kann eine Gefährdung begünstigen. Auch die Wahrscheinlichkeit von Erdbeben ist zu prüfen, beispielsweise im Oberrheingraben. Wetter- und Geodaten können bei der Abschätzung der Exposition hilfreich sein.
Das Auftreten oder Ausbleiben vergangener Ereignisse am jeweiligen Ort stellt keine Garantie dafür dar, dass die Region auch von zukünftigen Ereignisse verschont bleibt. Starkregen etwa kann jeden Ort gleichermaßen treffen, auch unabhängig von vorherigen Vorkommnissen. Durch den Klimawandel wird sich die Häufigkeit und Intensität extremer Wetterereignisse noch weiter erhöhen – einen Eindruck davon haben bereits die vergangenen Jahre gegeben.
Die Anfälligkeit und Bewältigungskapazität von Kritischen Infrastrukturen ist, je nach Sektor, durch unterschiedliche Faktoren bestimmt.
Die Betroffenheit beziehungsweise der Ausfall von Personen, die in den jeweiligen Einrichtungen tätig sind, hat etwa im Gesundheitswesen gravierende, in anderen Bereichen weniger schlimme Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit. Die Elektrizitätsversorgung als sogenannte Basisinfrastruktur spielt dagegen in nahezu allen Sektoren eine gleichermaßen bedeutsame Rolle.
Abschätzung der Verwundbarkeit
Spezielle Hilfestellung zur Bestimmung der Verwundbarkeit der eigenen Einrichtung gegenüber den Gefahren Hitze und Starkregen gibt der Leitfaden „Abschätzung der Verwundbarkeit von Bevölkerung und Kritischen Infrastrukturen gegenüber Hitzewellen und Starkregen“.
Viele der im Anschluss an eine Verwundbarkeitsanalyse zu treffenden Maßnahmen sind nicht explizit nur dem Schutz vor Naturgefahren dienlich, sondern decken auch weitere Gefahren ab. Daher können die Empfehlungen zu den Risikoanalysen KRITIS und zum Integrierten Risikomanagement nicht nur, aber auch im Kontext von Naturgefahren genutzt werden.
Die Betroffenheit von und der Schutz Kritischer Infrastrukturen durch Naturgefahren wird darüber hinaus im Rahmen der Anpassung an den Klimawandel umfänglich thematisiert. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (kurz: BBK) ist hierbei aktiv in verschiedenste Netzwerke auf Bundesebene und in die Weiterentwicklung der Deutschen Anpassungsstrategie eingebunden.