KRITIS-Sektor: Gesundheit

Die Behandlung von Patientinnen und Patienten die Versorgung mit Arzneimitteln sowie die Untersuchung von Laborproben – diese Arbeiten sind von essentieller Bedeutung für die Daseinsvorsorge der Bevölkerung. Fällt eine dieser essenziellen Dienstleistungen des Gesundheitssektors aus, kann das erhebliche Folgen für das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung haben.

Der Sektor Gesundheit und seine Bedeutung

Die Befundung und Behandlung von Patientinnen und Patienten, die Versorgung mit Arzneimitteln sowie die Untersuchung von Laborproben – diese Prozesse sind Teil der alltäglichen Versorgung in unserem Gesundheitswesen. Fällt eine dieser essenziellen Dienstleistungen aus, kann das erhebliche Folgen für das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung haben.

Gliederung des Sektors Gesundheit

Branche

Medizinische Versorgung

Kritische Dienstleistungen

Stationäre medizinische Versorgung:

  • Aufnahme
  • Diagnose
  • Therapie
  • Unterbringung / Pflege
  • Entlassung

Branche

Arzneimittel und Impfstoffe

Kritische Dienstleistungen

Versorgung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und Blut- und Plasmakonzentraten zur Anwendung im oder am menschlichen Körper:

  • Herstellung
  • Vertrieb
  • Abgabe

Branche

Labore

Kritische Dienstleistung

Laboriumsdiagnostik:

  • Transport
  • Analytik

Weitere kritische Dienstleistungen

Versorgung mit unmittelbar lebenserhaltenden Medizinprodukten, die Verbauchsgüter sind:

  • Herstellung
  • Abgabe

Die medizinische Versorgung umfasst neben der Regelversorgung auch die Notfallversorgung im Krankenhaus. Hinzu kommen unter anderem Präventionsmaßnahmen oder Schutzimpfungen. Kommt es zu einem Krisenfall, steigt der Bedarf nach einer funktionierenden medizinischen Versorgung in der Regel um ein Vielfaches. Gleichzeitig weist der Sektor durch vielfältige Abhängigkeiten und eine Vielfalt an Akteuren eine hohe Komplexität auf.

Der Gesundheitssektor ist von herausragender Bedeutung für die Daseinsvorsorge der Bevölkerung. Aus diesem Grund beschäftigt sich das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (kurz: BBK) im Rahmen des Schutzes Kritischer Infrastrukturen (kurz: KRITIS) mit der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssektors. Risikoanalysen, Handlungsempfehlungen und Forschung liefern dabei einen wertvollen Beitrag zur Erhöhung der Resilienz.

Krankenhäuser als Kritische Infrastruktur

Krankenhäuser sind aufgrund ihrer herausragenden Bedeutung für die Bevölkerung eine zentrale Kritische Infrastruktur.

Die Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz (kurz: BSI-KritisV) definiert im Hinblick auf die Sicherheit in der Informationstechnik Krankenhäuser mit mehr als 30.000 vollstationären Behandlungsfällen pro Jahr als kritische Anlagen im Bereich der stationären Versorgung.

Eine flächendeckende medizinische Versorgung der Bevölkerung kann jedoch allein durch Einrichtungen, die unter die BSI-KritisV fallen, besonders in weitläufigen Gebieten mit nur einem oder wenigen Krankenhäusern, nicht sichergestellt werden. So kann auch der Ausfall von Krankenhäusern mit niedrigeren Versorgungskennzahlen Kreise und Kommunen vor erhebliche Versorgungsprobleme stellen. Somit sind im Hinblick auf die Versorgung der Bevölkerung auch Krankenhäuser, die nicht unter das IT-Sicherheitsgesetz fallen, Kritische Infrastrukturen.

Risikoanalyse im Gesundheitswesen

Bei Einrichtungen und Anlagen im Gesundheitswesen handelt sich unter anderem um Krankenhäuser, Apotheken, Pharmaunternehmen und -großhändler sowie Labore. Die Vielfalt der Akteure, ihre Verflechtungen und Abhängigkeiten führen zu einer hohen Komplexität im gesamten Gesundheitssektor sowie in den kritischen Einrichtungen selbst. Darüber hinaus bestehen vielfältige Vernetzungen und Abhängigkeiten zu anderen Sektoren Kritischer Infrastrukturen, zum Beispiel zu den Sektoren Energie und Wasser.

Die Funktionsfähigkeit von Einrichtungen des Gesundheitswesens muss aufgrund ihrer besonderen Bedeutung möglichst kontinuierlich - auch bei Krisenlagen – aufrechterhalten blieben. Risikoanalysen zielen daher darauf ab, Abhängigkeiten zu identifizieren, verwundbare sowie kritische Prozesse beziehungsweise Bereiche aufzuzeigen und Risiken darzustellen.

Auf Basis von Risikoanalysen können die Betreiber kritischer Einrichtungen konkrete Maßnahmen zur Aufrechterhaltung ihrer Funktionsfähigkeit umsetzen bzw. vorbereiten. Dazu gehören beispielsweise die Verringerung von Verwundbarkeiten, etwa durch Bildung von Redundanzen, organisatorische und technische Notfall- und Notfallvorsorgeplanungen sowie die Vorhaltung von notwendigen Versorgungsgütern. Ebenso wird eine frühzeitige Einbindung von Dienstleistungsunternehmen sowie die gezielte Unterstützung kommunaler Stellen durch Abstimmung von Bedarfen und Leistungsgrenzen ermöglicht.

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Medizinische Versorgung

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Arzneimittelversorgung

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Versorgung mit Blutkonzentraten

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Laboratoriumsdiagnostik

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Medizinprodukte

Gefahrenlagen für das Gesundheitswesen

Aus einem plötzlichen Anstieg der Nachfrage an medizinischen Leistungen in Krisensituationen kann eine Überlastung der Behandlungskapazitäten resultieren. Das kann beispielsweise bei einem Massenanfall von Verletzten (kurz: MANV) oder einer Pandemie der Fall sein.

Darüber hinaus gibt es Szenarien, die die operative Funktionalität der Einrichtungen ─ und somit die Aufrechterhaltung der kritischen Dienstleistungen ─ direkt einschränken können. Beispiele hierfür sind interne Gefahrenlagen wie Brände oder Einschränkungen der technischen Basisinfrastruktur (zum Beispiel Stromversorgung, Trinkwasserversorgung, Informationstechnik). Abhängigkeiten von diesen und weiteren kritischen Dienstleistungen sind in den Risikoanalysen deshalb besonders zu berücksichtigen. Im Rahmen des Risikomanagements sollen Risiken aus den Verflechtungen innerhalb des Sektors, aus Abhängigkeiten von anderen Sektoren sowie aus Gefahren im Sinne des All-Gefahren-Ansatzes identifiziert und entsprechende Maßnahmen abgeleitet werden. Dies erfordert bereits vorab die Vernetzung der relevanten Akteure, um die Resilienz und Planungssicherheit bei allen Beteiligten zu erhöhen.

Unterstützung der Krankenhäuser durch den Bund

Da die medizinische Versorgung grundsätzlich Aufgabe der Länder ist, liegt bundesweit keine einheitliche Regelung zur Vorbereitung von Krankenhäusern auf Krisen sowie Großschadenslagen oder Katastrophen vor. Um Krankenhäuser bei der Umsetzung eines umfassenden Risikomanagements zu unterstützen, hat das BBK gemeinsam mit einigen Ländern und Regierungsbezirken sowie einzelnen Krankenhäusern und Branchenverbänden eine Risikomanagementmethode speziell für Krankenhäuser entwickelt. Diese Methodik wurde im Leitfaden „Schutz Kritischer Infrastruktur: Risikomanagement im Krankenhaus“ veröffentlicht.

Auf dieser Grundlage haben das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (kurz: BSI) und das BBK im Verbund mit weiteren Fachpersonen zudem eine spezielle Methode der IT-Risikoanalyse entwickelt und eine Veröffentlichung „Schutz Kritischer Infrastrukturen: Risikoanalyse Krankenhaus-IT“ herausgegeben.

Weitere Informationen zum gesundheitlichen Bevölkerungsschutz und zur Krankenhausalarm- und -einsatzplanung hat das BBK unter der Rubrik „Schutz der Gesundheit“ zusammengestellt.

IT-Sicherheit im Krankenhaus

Die moderne Medizin und Gesundheitsverwaltung sind ─ nicht nur im Rahmen des Informationsaustauschs zwischen den Behandelnden oder mit den Kostentragenden ─ in zunehmendem Maße von Informations- und Kommunikationstechnologie abhängig. Auch die Versorgungs- und die Medizintechnik verlassen sich auf IT-Anwendungen.

Im Rahmen des Gesetzes über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (kurz: BSIG) sind Krankenhäuser wie auch andere Einrichtungen des Gesundheitswesens verpflichtet, den Stand der Technik einzuhalten, um Störungen der Verfügbarkeit, Integrität, Authentizität und Vertraulichkeit ihrer informationstechnischen Systeme zu vermeiden. Mit dem Ziel, die IT-Sicherheit in den deutschen Krankenhäusern zu verbessern, hat der Branchenarbeitskreis Medizinische Versorgung des UP KRITIS einen „Branchenspezifischen Sicherheitsstandard (kurz: B3S) für die Gesundheitsversorgung im Krankenhaus“ veröffentlicht. Der B3S kann über die Homepage der Deutschen Krankenhausgesellschaft (kurz: DKG) heruntergeladen werden.

Darüber hinaus hat der Branchenarbeitskreis „Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Informationssicherheit an Kliniken“ entwickelt, um die Verfügbarkeit kritischer Systeme, Prozesse und Daten sowie Informationen zu verbessern.

Ergänzende Informationen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (kurz: BSI)

Schutz KRITIS Gesundheit: Forschung und Lehre

Grundlagen zur Sicherheit in Krankenhäusern wurden in verschiedenen Forschungsprojekten untersucht und werden in verschiedenen Seminaren der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (kurz: BABZ) vermittelt.

Zudem rückt der Schutz des Sektors Gesundheit und seiner Branchen zunehmend in den Fokus der Forschung.

Ziel der einzelnen Forschungsprojekte sind beispielsweise die Entwicklung möglicher Handlungsempfehlungen zur Aufrechterhaltung der Leistungen des Gesundheitsbereichs im Krisenfall oder die Erforschung von Interdependenzen des Sektors Gesundheit mit anderen Sektoren und Branchen.

NOWATER: Notfallvorsorgeplanung der Wasserver- und Entsorgung von Einrichtungen des Gesundheitswesens - organisatorische und technische Lösungsstrategien zur Erhöhung der Resilienz

Wasser wird im Krankenhaus nicht nur als Trinkwasser benötigt, sondern auch für medizinische Geräte, Behandlungen, Instrumentenaufbereitungen, Reinigung und vielem mehr. Somit stellt die Wasserversorgung, nach der Stromversorgung, die zweitwichtigste Infrastruktur für die Funktionsfähigkeit von Krankenhäusern dar. Deshalb entwickelte das BBK als Teil eines interdisziplinären Forschungsteams, das im Austausch mit Akteuren des Gesundheitswesens, des Bevölkerungsschutzes und der Siedlungswasserwirtschaft stand, technische und organisatorische Lösungen, um die medizinische Versorgung beim Ausfall der Wasserversorgung und -entsorgung so lange wie möglich aufrecht zu erhalten.

Das Forschungsprojekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (kurz: BMBF) im Programm „Forschung für die zivile Sicherheit“ gefördert und lief von Mai 2020 bis April 2023.

AUPIK: Aufrechterhaltung der ambulaten Pflegeinfrastrukturen In Krisensituationen - Organisatorische Konzepte zur Resilienzerhöhung

Um die Versorgungssituation von Menschen in häuslicher Pflege in Krisen und Katastrophen zu verbessern, setzte das Projekt "Aufrechterhaltung der ambulaten Pflegeinfrastrukturen in Krisensituationen - Organisatorische Konzepte zur Resilienzerhöhung" (kurz: AUPIK) an der Schnittstelle von ambulanten Pflegediensten und Katastrophenschutzstrukturen an. Übergeordnetes Ziel von AUPIK war es, die Resilienz ambulanter Pflegeinfrastrukturen in Krisen und Katastrophensituationen zu stärken. Hierfür galt es, Wege für eine bessere Verzahnung von ambulanten Pflege- und Katastrophenschutzinfrastrukturen zu entwickeln.

Das Projektkonsortium des vom BMBF geförderten Projektes bestand aus der Universität Tübingen, dem Generalsekretariat des Deutschen Roten Kreuzes, dem Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft an der Charité Berlin sowie dem Vincentz Network. Das BBK beteiligte sich als assoziierter Partner. AUPIK lief von März 2020 bis Juni 2023.

DESKRIS: Definition von Schutzzielen und -niveaus Kritischer Infrastrukturen in Deutschland - Forschungsstand, Rechtlicher Rahmen und politische Entscheidungsfindung

Für eine zielgerichtete und erfolgreiche Kooperation der verschiedenen Akteure im Bevölkerungsschutz ist die Aushandlung von Schutzzielen ─ das heißt dem angestrebten Zustand (Mindeststandard) eines Schutzguts (hier: Kritische Infrastruktruren), der in einer Krise erhalten bleiben soll ─ von zentraler Bedeutung. Vom 01. Januar 2018 bis zum 20.09.2019 förderte das BBK deshalb das Ressortforschungsprojekt „Definition von Schutzzielen und -niveaus Kritischer Infrastrukturen in Deutschland: Forschungsstand, Rechtlicher Rahmen und politische Entscheidungsfindung“ (kurz: DESKRIS).

Ziel des Forschungsprojektes DESKRIS war es, die relevanten Akteure aus Bevölkerungsschutz, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft zusammenzubringen und ihre unterschiedlichen Interessen bei der Aushandlung von Schutzzielen zu erfassen. Der Aushandlungsprozess von Schutzzielen und -niveaus für Kritische Infrastrukturen wurde dabei exemplarisch anhand der Sektoren Ernährung und Gesundheit untersucht, um daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten.

Das Forschungskonsortium bestand dabei aus der Freien Universität Berlin, dem Deutschen Komitee Katastrophenvorsorge und der Universität Bielefeld.