Podcast Krankenhausalarm- und -einsatzplanung: Folge 02 – Grundlagen: Erstellung eines KAEP

Gast: Dr. Katja Scholtes, Leitende Ärztin der Stabsstelle "Krankenhausalarm- und Einsatzplanung und Krisenmanagement" der Kliniken der Stadt Köln und Vorstandsvorsitzende der „Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Krankenhaus-Einsatzplanung“ (DAKEP)

Dr. Martin Weber, Detlef Cwojdzinski und Dr. Katja Scholtes betrachten gemeinsam die wichtigsten Schritte, bei der Erstellung eines Krankenhausalarm- und -einsatzplanes (KAEP): von der Bestandsanalyse KAEP und der Zusammenstellung einer Arbeitsgruppe über die Risikoanalyse bis hin zur Erstellung oder Aktualisierung des KAEP. Und sie beschäftigen sich mit der Frage, wie man es schafft, dass der KAEP im Krankenhaus „gelebt“ wird.

Podcast Krankenhausalarm- und -einsatzplanung: Folge 02 – Grundlagen: Erstellung eines KAEP

Dauer: 08:25 Quelle: BBK / yapola GbR

Textversion des Audio-Beitrags

Intro & Begrüßung

Martin Weber:
[0:05] Sehr geehrte Zuhörer, herzlich willkommen zu unserer zweiten Episode der Podcastreihe zur Krankenhausalarm- und -einsatzplanung. Heute mit der Themensetzung: Grundlagen für die Erstellung eines Krankenhausalarmund -einsatzplans. Dazu begrüße ich ganz herzlich unseren Gast Frau Dr. Katja Scholtes. Sie ist Vorstandsvorsitzende der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Krankenhaus-Einsatzplanung. Im „wirklichen Leben“ ist sie die ärztliche Leiterin Krankenhausalarm- und -einsatzplanung der Kliniken der Stadt Köln. Katja, danke, dass du dir heute die Zeit für uns nimmst.

Katja Scholtes:
[0:34] Ja, schönen guten Tag.

Martin Weber:
[0:36] Mit mir zusammen als Interviewpartner am Mikrofon begrüße ich ganz herzlich Detlef Cwojdzinski, der als Experte im Bereich gesundheitlicher Bevölkerungsschutz schon seit vielen Jahren im Bereich Krankenhausalarm- und -einsatzplanung unterwegs ist und den Bereich maßgeblich mitgeprägt hat. Hallo, Detlef.

Detlef Cwojdzinski:
[0:49] Hallo Martin, grüße dich.

Martin Weber:
[0:51] An der Technik begrüße ich ganz herzlich Philipp Schunke.
Mein Name ist Dr. Martin Weber und ich bin an der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe zuständig für die Ausbildungen im Bereich Krankenhausalarm- und -einsatzplanung.

Erstellung eines Krankenhausalarm- und -einsatzplans

Katja, wenn ich als Mitarbeiter den Auftrag erhalte eine Krankenhausalarm- und -einsatzplanung für meine Klinik zu bearbeiten oder zu erstellen, was für Aufgaben kommen da überhaupt auf mich zu? Was kann ich mir darunter vorstellen?

Katja Scholtes:
[1:22] Ja, es kommt drauf an, ob es jetzt schon einen Plan gibt oder ob ich ganz bei null anfange. Wichtig ist, dass ich eine Bestandsanalyse dessen mache, was es schon gibt und gucke: Was ist vorhanden? Man will das Rad ja auch nicht neu erfinden. Dann ist wichtig, dass ich genug Ressourcen dafür habe – dass ich freigestellt bin, vielleicht sogar in einer Stabstelle hauptamtlich verantwortlich bin für den Krankenhausalarm- und -einsatzplan.
Als erstes stelle ich mir eine Arbeitsgruppe zusammen mit Medizinern, Technikern, Verwaltungsmitarbeitern und weiteren fachkundigen Mitarbeitern aus dem Krankenhaus und wir erstellen eine sehr ausgewogene Risikoanalyse. Das ist ganz wichtig, damit ich sehen kann, welche Felder ich zuerst bearbeiten muss. Sodass ich eine Risikoanalyse nach den Vorgaben des Bundesamts für Bevölkerungsschutz, des BBK, durchführe. Dann kann ich mich der Aktualisierung des eventuell vorhandenen Plans oder der Neuschreibung widmen. Aber diese Voraussetzungen sind sehr wichtig. Das sind die Vorbereitungen, die man treffen muss.

Bewertung und Belebung

Detlef Cwojdzinski:
[2:25] Große Aufgabe, denn eine Risikoanalyse ist ja nicht so ganz banal. Aber meistens haben wir ja nun schon Pläne in den Krankenhäusern, denke ich mal – ob sie nun gut sind oder nicht, mag dahingestellt sein. Aber wie kann ich denn nun prüfen, ob der Plan, den ich da jetzt vorfinde – ich komme da vielleicht als neuer Mitarbeiter oder neue Mitarbeiterin in ein Krankenhaus hinein – tatsächlich etwas taugt? Welche Maßnahmen sollte ich ergreifen, um ihn dann auch zum Leben zu erwecken?

Katja Scholtes:
[2:53] Also ich würde, wenn es schon einen Plan gibt, erstmal checken, ob ich die wichtigsten Punkte in meinem Plan habe, bevor ich Maßnahmen ergreife. Das ist zum einen: Wie funktioniert die Kommunikation und wie ist die Alarmierung? Das ist der Hauptpunkt, denn wenn man nicht richtig alarmiert und nicht kommuniziert, dann kann man auch keine Einsatzleitung aufbauen. Das ist also schon mal sehr wichtig.
Das Nächste wäre dann mit einer Übung, vielleicht mit einer kleinen Übung, zu starten, um zu sehen, wo noch Fehler stecken, denn das reicht uns nicht, dass der Plan einfach in der Schublade liegt, sondern man muss schon anhand einer Übung sehen, wo die Fallstricke sind. Und danach kann ich dann erst den Plan, der dann vorhanden ist, auch aktualisieren und abstimmen mit den einzelnen Akteuren.

Hilfe bei der Planerstellung und Handbuch

Martin Weber:
[3:38] Das hört sich ja jetzt doch sehr komplex und nach einem wahnsinnigen Arbeitsaufwand an, so wie ich das jetzt verstanden habe. Wer hilft mir denn im Krankenhaus bei der Erstellung und vor allen Dingen auch bei der Pflege, bei der Aufrechterhaltung, beim "am Leben halten" dieses Plans? Habe ich da als Einzelkämpfer überhaupt eine Chance?

Katja Scholtes:
[3:56] Nein, habe ich nicht. Also das erfordert ein Risikobewusstsein in dem Krankenhaus bei den Mitarbeitern. Und das ist genau der springende Punkt: Als Einzelkämpfer haben Sie nur eine Chance, wenn Sie Verbündete haben, die auch Interesse haben, dieses Risikomanagement zu betreiben und den Plan so aufzustellen, dass er lebt. Der wird auch immer wieder aktualisiert und er muss auch abgestimmt sein mit den einzelnen Abteilungen beziehungsweise Mitarbeitern. Man muss sie dort abholen, wo sie gerade stehen und das ist extremst wichtig.
Und dafür, ich hatte das eben schon erwähnt, wird eine Arbeitsgruppe Krankenhausalarm- und -einsatzplanung mit regelmäßigen Sitzungen eingerichtet. Jeder bekommt Arbeitspakete – es ist also eine richtig ausgefeilte Projektplanung wichtig: dass man Arbeitspakete hat, dass man Meilensteine vorgibt.
Und einen Krankenhausalarm- und -einsatzplan schreibt man nicht nebenbei, indem man zum Beispiel Leiter einer Notaufnahme ist, ohne dass man dafür freigestellt wird. Und das ist etwas, wovon viele Geschäftsführer noch glauben, dass das so geht. Das geht aber nicht. Das ist ein sehr komplexer Vorgang, einen Alarmplan, ich sage mal jetzt "am Leben zu erhalten".

Detlef Cwojdzinski:
[5:09] Du bist ja nun die Chefin der DAKEP. Und die DAKEP gibt ja da auch eine Hilfestellung im Prinzip durch die Symposien, die wir ja vor Corona mit euch durchführen konnten. Ist das die Einzelhilfestellung, die ich habe oder hast du auch noch andere Ideen, wenn ich jetzt eben wirklich neu hineinkomme in das Thema, wo ich Hilfestellung bekommen kann?

Katja Scholtes:
[5:31] Also du hast jetzt die DAKEP erwähnt. Das ist die einzige Fachgesellschaft, die es in Deutschland gibt. Wir haben uns 2014 gegründet und sind ein gemeinnütziger Verein und wir sind durch die regelmäßigen Symposien bundesweit sehr vernetzt miteinander. Die Geschäftsstelle ist in Köln, aber wir sind über Köln hinaus, über Nordrhein-Westfalen hinaus, gewachsen und sind sogar bis ins Ausland vernetzt – bis Luxemburg, Schweiz und Österreich, die deutschsprachigen Länder. Es ist wichtig, dass man vernetzt ist und sich auch gegenseitig unterstützt.
Aber auch das Handbuch, das wir erstellt haben – gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie und vielen Akteuren, wie dir, Detlef, als erfahrener Schreiber eines Alarmplans. Dadurch gibt es dann schon mal ein Handbuch, was so einen Leitfaden bildet: Wie schreibe ich denn überhaupt einen Plan? Was gehört da rein und was gehört nicht da rein? Man kann 300 Seiten schreiben, aber das liest ja keiner. Insofern muss man wirklich prägnant und kurz die Punkte aufführen, die für die Mitarbeiter wichtig sind und vor allen Dingen: dass sie auch im Fall einer Sonderlage sofort wissen, was sie zu tun haben. Also mit kurz gefassten Handlungsanweisungen. Das ist die Hilfestellung, die man dabei hat.
[6:46] Wenn man darüber hinaus noch ein Studium absolviert hat als Leiter KAEP, wie das Katastrophenvorsorgemanagement Studium zum Beispiel an der Uni Bonn, dann hilft einem das schon sehr das Ganze noch professioneller zu gestalten. Es ist kein Muss, aber mir hilft es sehr.

Den Plan mit Leben füllen

Martin Weber:
[7:02] Danke dir. Das ist jetzt ganz viel zum Thema Plan und Planerstellung gewesen. Wie schaffe ich's denn, dass der Plan gelebt wird? Wie fülle ich das Ganze mit Leben, dass es dann hinterher auch funktioniert?

Katja Scholtes:
[7:13] Man benötigt im Krankenhaus bei den vielen Mitarbeitern – also wir haben beispielsweise 4.500 Mitarbeiter – einen sehr hohen Durchdringungsgrad. Und das Personal muss geschult werden: Da gibt's verschiedene Möglichkeiten zur Schulung. Man kann E-Learning machen, man kann – wenn die Pandemie mal vorbei ist – Präsenzschulungen machen, man kann kleine Übungen durchführen. Man muss auch immer wieder die Mitarbeiter drauf hinweisen und man glaubt es gar nicht, wie viele kleine Sonderlagen es gibt. Deshalb wehre ich mich auch gegen den Begriff Katastrophe, denn es passiert immer irgendwas Kleines und da sind so Nachbesprechungen wichtig, dass es wieder ins Bewusstsein rückt.

Dank & Abschied

Martin Weber:
[7:52] Super, Dankeschön. Katja, danke, dass du dir für uns heute die Zeit genommen hast und ein herzliches Dankeschön auch an meine Kollegen, die mit mir dieses Interview vorbereitet und geführt haben. Und an Sie, liebe Zuhörer, für Ihr Interesse. Wir hören uns bald wieder zum nächsten Podcast und jetzt erstmal, meine lieben Kollegen, schönen Feierabend wenn's irgendwann soweit ist und bis zum nächsten Mal.

Detlef Cwojdzinski:
[8:14] Wie immer gerne, Martin. Mach's gut, tschüss.

Katja Scholtes:
[8:16] Ja, ich bedanke mich auch und wünsche allen Leitern KAEP alles Gute.

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