Schnellere Hilfe im Bevölkerungsschutz dank unbemannter Luftfahrtsysteme

Meldung

Am 27. Juni trafen sich Expertinnen und Experten aus Politik, Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) sowie Forschung im Bundespresseamt, um sich über die Möglichkeiten und Chancen auszutauschen, die der Einsatz unbemannter Luftfahrtsysteme im Bevölkerungsschutz bietet. Sie folgten einer Einladung des Bundesinnenministers Dr. Thomas de Maizière. In der hochrangig besetzten Podiumsdiskussion war das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) durch den Vizepräsidenten Dr. Thomas Herzog vertreten.

In den anschließenden Fachworkshops wurden rechtliche und technische Aspekte sowie Kooperationsmöglichkeiten im zukunftsweisenden Themenfeld der Drohnentechnologie diskutiert. Auch hier wurde deutlich, dass das BBK die Ermöglichung des Einsatzes unbemannter Luftfahrtsysteme im Bevölkerungsschutz maßgeblich mit angestoßen und vorangetrieben hat.

Der Blick von oben eröffnet neue Perspektiven

Der Mehrwert von unbemannten Luftfahrtsystemen im Bevölkerungsschutz liege auf der Hand, so Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière in seiner Begrüßungsrede. Gerade der Blick von oben, der einen präziseren Überblick über die Lage ermöglicht, sei im Katastrophenschutz essentiell.

Wir wollen diese Fluggeräte in der nächsten Zeit zu einem Standardeinsatzmittel im Katastrophenschutz machen. Dafür ist der heutige Tag ein wichtiger Schritt“, betonte der Bundesinnenminister. Denn gerade dort, wo sich Einsatzkräfte in komplexen, unzugänglichen oder großflächigen Schadensgebieten vor Ort nur mit erheblichem Aufwand einen Überblick über die Lage verschaffen können, werde der Einsatz von Drohnen künftig ein schnelleres und risikoärmeres Vorgehen ermöglichen. „Der Schutz der Einsatzkräfte kann in vielen Situationen durch unbemannte Fluggeräte erheblich verbessert werden, da mit diesen Geräten eine Erkundung von zum Beispiel einsturzgefährdeten Gebäuden möglich ist, ohne diese betreten zu müssen“, stellte Vizepräsident Dr. Herzog in der Podiumsdiskussion heraus.

Neue rechtliche Rahmenbedingungen erleichtern den Einsatz

Bisher wurden Drohnen nur sehr eingeschränkt im Bevölkerungsschutz eingesetzt. Es fehlten wichtige rechtliche Rahmenbedingungen. Das BBK hat sich als Fachbehörde für den Bevölkerungsschutz zusammen mit dem Technischen Hilfswerk (THW) dafür eingesetzt, dass alle Akteure im Bevölkerungsschutz, das heißt neben THW und Feuerwehren auch die Hilfsorganisationen, diese neuen Geräte im Einsatz betreiben dürfen.

Im April 2017 ist die neue Verordnung zur Regelung des Betriebs unbemannter Fluggeräte in Kraft getreten. Damit können die Akteure im Bevölkerungsschutz erstmalig unbemannte Luftfahrtsysteme zu Einsatz-, Ausbildungs- und Übungszwecken erlaubnis-, nachweis- und verbotsfrei nutzen. Das ist ein großer Erfolg.

Viel Forschungs- und Entwicklungspotential

Die Veranstaltung diente vor allem auch dazu, bisher gesammelte Erfahrungen auszutauschen. Welche Erfahrungen haben die verschiedenen BOS bisher gemacht? Wo gibt es Synergien? Wie können wir besser kooperieren, um den Einsatz unbemannter Luftfahrtsysteme im Bevölkerungsschutz insgesamt voranzubringen? Der Workshop war insofern ein „Startschuss für eine noch engere Zusammenarbeit zum Austausch und zum Dialog“, so der Minister.

Denn bisher haben Forschung, Entwicklung und Wirtschaft den Bevölkerungsschutz nicht im Fokus gehabt. Tatsächlich müssen Drohnen aber für Einsatzzwecke in Bevölkerungsschutzlagen besonderen Anforderungen entsprechen.

Die besonderen Bedürfnisse wie eine höhere Wetterstabilität, längere Flugzeiten und eine höhere Tragkraft müssen bei der Entwicklung neuer Systeme Beachtung finden. Die Sicherheit spielt eine entscheidende Rolle; beispielsweise muss gewährleistet sein, dass die Flugfunkfrequenzen der Geräte nicht gehackt werden können.

Einheitliche Ausbildungsstandards und Betriebsregeln sinnvoll

Damit die neue Technik flächendeckend und sicher eingesetzt werden kann, ist die Schaffung einheitlicher Standards für Ausbildung und Einsatz von unbemannten Luftfahrtsystemen im Bevölkerungsschutz ein zentrales Anliegen. Gerade wenn viele Akteure in großen und komplexen Schadenslagen beteiligt sind, kann dies die Zusammenarbeit erheblich erleichtern. Hierfür ist eine enge Abstimmung aller Beteiligten erforderlich.

Im Abschlussgespräch forderten die anwesenden Akteure im Bevölkerungsschutz eine Art Koordinierungsstelle für die Entwicklung von Ausbildungs- und Betriebsstandards, die einerseits einen gewissen Rahmen schaffen, andererseits aber keine zu engen Regelungen für die einzelnen Behörden und Organisationen enthalten sollte. Auf die Frage des Moderators, Ralf Krauter vom Deutschlandfunk Redaktion Technik, wurde vom Publikum hierfür das BBK identifiziert und gewünscht.

Einsatzmöglichkeiten von unbemannten Luftfahrtsystemen

Drohnen bieten schon jetzt ein sehr breitgefächertes Anwendungsspektrum im Bevölkerungsschutz. Neben

  • der Luftbildgewinnung über eine Einsatzlage
  • dem Einsatz von Infrarotbild-Kameras oder speziellen Messgeräten,
  • dem Transport von Geräten, Medikamenten oder anderen Hilfsmitteln,
  • der Verlängerung von Funkstrecken und
  • der Dokumentation

sind mit voranschreitender Technik immer mehr operative Einsatzbereiche denkbar, die zur Rettung von Menschenleben und bedeutenden Sachwerten beitragen können.

Schon heute werden unbemannte Luftfahrtsysteme beispielsweise bei der Suche von Vermissten im Gebirge erfolgreich eingesetzt. So können in unzugänglichem Gelände befindliche Menschen, nach denen früher zu Fuß durch Bergretter stundenlang gesucht werden musste, bereits nach zehn bis 20 Minuten lokalisiert werden. Aber auch ein Einsatz als Löschdrohne, mit der Möglichkeit sehr hohe Lasten zu transportieren, wird von den Feuerwehren gefordert.

Erste Forschungen dazu laufen mit einer Drohne, die bereits 800 kg Last heben kann. Auch die Möglichkeit des Transports von Rettungskräften an oder in einer Drohne wird geprüft. Für solche Lösungen werden allerdings die rechtlichen Vorgaben neu zu diskutieren sein.

In mittlerer Zukunft könnte die technische Reife von unbemannten Luftfahrtsystemen so hoch sein, dass modernste Robotik, wie ein Rettungsroboter, autonom an eine Unglücksstelle geflogen wird. Dieser könnte dort eigenständig eine Erstversorgung anhand von Standardparametern durchführen. Es wäre sogar eine qualifizierte Wiederbelebung sowie eine Medikamentengabe nach entsprechender Rückfrage bei einem Notfall-Mediziner denkbar.

BBK-Vizepräsident Dr. Thomas Herzog: „Wir müssen zum Schutz und Wohl der Bevölkerung alle technischen Möglichkeiten prüfen und sinnvolle Anwendungen ausschöpfen. Dazu gehört auch die neue Drohnentechnologie.“